KraftWerk Religion


In diesem KraftWerk geht es darum, wie sich die Freiheit des Geisteslebens im Traditions- und Religionsbereich darstellt, also das Thema "Freie Religionsausübung", sowie dessen Abgrenzung zwischen Geistesleben und Rechtsleben behandeln.

Ein Bewusstwerden der geistigen Kräfte in der Natur

„Wir dürfen nicht unterschätzen, welche Bedeutung für die Menschheit so etwas hat
wie die Hinlenkung aller Aufmerksamkeit auf eine Festzeit des Jahres“  (R.ST.GA223, Dritter Vortrag 2.April1923)

Wenn wir zurückblicken in vergangene Zeiten, so waren die Menschen in diesen noch eng verbunden mit den Rhythmen der Natur - dem Jahreslauf bis hin zum Tageslauf. Durch das Eingebunden sein ihres menschlich-natürlichen Wesens in die Abläufe der Natur, mit den wechselnden Jahreszeiten, war für die Menschen die Wirkung der Sonnen- und Planetenkräfte, der Schöpferkräfte hinter der Natur instinktiv erlebbar und erfahrbar. Es war für die Menschen Realität. Sie erlebten dann mit, wie allmählich die Natur ihre Verwandlungen, ihre Metamorphosen durchmachte. Aus diesem Erleben heraus, aus der religiösen Verbundenheit damit, entstanden die im Brauchtum teilweise bis heute erhaltenen Traditionen der Jahresfeste. In großen bildhaften Vorstellungen stellte sich in den Festen vor die Menschen hin, was sie im Erleben der Natur empfanden.

Im Laufe der letzten Jahrhunderte ist vielen Menschen die selbstverständliche Wahrnehmung und ein Wissen um die schöpferischen Kräfte hinter der Natur immer mehr verloren gegangen. Für uns heutige Menschen bedeutet dies, dass wir intellektueller und gegenwartsbezogener an die Dinge herangehen. Die nur materialistische, naturwissenschaftliche Betrachtung der Welt, als alleinige Realität, ist heute vielfach das herrschende Paradigma.

Richtig daran ist, heute bemühen wir uns darum, Aberglauben abzuschaffen. Das als war Erkannte muss reproduzierbar und einer Wiederlegung stand halten. Welche Ebenen wir dabei, rein aus weltanschaulichen Gründen ausschließen, ist eine andere Frage. Das Zusammenwirken der Himmelskräfte und der Erde wurde also zunehmend getrennt und als nicht existent erlebt, umso mehr, wie die materialistische Einstellung der Naturwissenschaften voranschritt. 

Wir finden zwar auch in der heutigen Gesellschaft noch die alten Traditionen – z.B. Sonnwendfeuer, auch in den christlichen Jahresfesten finden wir sie. Doch der Sinn und ein spirituelles Wissen darum sind größten Teils verloren gegangen und ist nun auch oft einem nur wirtschaftlichen Interesse und Konsum gewichen.

Das Gute daran ist: Mit dieser Entwicklung ging eine zunehmende Individualisierung des Menschen einher. Jeder Einzelne stellt seine Fragen und möchte es selber verstehen. Von außen her geführte Traditionen- (z. B. Kirchen), empfinden viele nicht mehr als zeitgemäß. Der Mensch scheint auf der einen Seite jetzt wie gefangen in seinen materialistischen Ansichten, Ansprüchen und Denken, auf der anderen Seite tun sich, wie aus einer tiefen inneren Sehnsucht heraus, in den menschlichen Seelen die immer dagewesenen Fragen auf, nach einem: Woher komme ich? Und wohin gehe ich? Was ist der tiefere Sinn im Leben? 

Mit dem Zurückgehen der Traditionen und dem Brauchtum ist auch zunehmend der dörfliche wie auch der familiäre Zusammenhalt geschwunden. Gemeinschaftliche Feste und deren Sinn ist oft verloren gegangen. Das vertiefte Ergreifen der Feste im Jahreskreis ist essenziell für eine neuerliche Verbindung der Menschen mit der geistigen Welt. In der heutigen Zeit sind wir aufgerufen uns die Zusammenhänge wieder bewusst zu machen und uns auf die geistigen Hintergründe der Feste zu besinnen.   

 „Wie alles sich zum Ganzen webt,
Eins in dem anderen wirkt und lebt!
Wie Himmelskräfte auf und nieder steigen
Und sich die goldenen Eimer reichen!
Mit segenduftenden Schwingen
Vom Himmel durch die Erde dringen,
Harmonisch all das All Durchklingen! 
(J.W. Goethe, Werke, Dramatische Dichtungen I)

Dazu ist es nötig, dass sich jeder Einzelne sich Fragen stellt über die spirituellen Hintergründe und die Bedeutungen der Feste. Und versucht z. B. die Wandel der Jahreszeiten bewusst zu erleben. Das ermöglicht uns über das wache Empfinden einen Zugang zu den schöpferischen Kräften dahinter zu finden. Durch die Geisteswissenschaft haben wir die Möglichkeit, uns durch das dort Geschilderte anregen zu lassen und die Feste sinnerfüllt neu zu ergreifen und zu gestalten. Dies kann auch Impulse geben innerhalb der Familien und auch in Gemeinschaften, und somit auch der starken Spaltung in der heutigen Gesellschaft entgegenwirken. Den es wirken diese Feste als starker Impuls für ein neues Zusammen und Miteinander, für ein Handeln aus ethisch, moralischem Empfinden und ermöglichen so auch eine gesunde Basis für ein neues soziales Miteinander.

Folgenden Festen werden wir uns im Jahreslauf thematisch widmen:
Johanni, Michaeli, Advent und St. Martin, Weihnachten, Raunächte, Epiphania, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten.

Am 29. September feiern wir das Fest des heiligen Michaels - Michaeli   
Mittlerweile ist dieses Fest bei vielen Menschen nahezu völlig in Vergessenheit geraten, obwohl in zahlreichen Kirchen der Kampf Michaels mit dem Drachen dargestellt und daher immer irgendwie auch präsent ist. Michael hat den Drachen, die alte Schlange heruntergeworfen vom Himmel auf die Erde. Der „Drache“ wohnt nun in der menschlichen Natur. Überall wo Menschen auf der Erde sind, da ist er! Und damit wurde der Kampf, in alter Zeit eine Angelegenheit der Götter, in das Innere des Menschen verlegt, ein Kampf der höheren gegen die niedere menschliche Natur.

Die Michaelskräfte stärken die individuellen Kräfte zur Bewusstwerdung.
„Könnten sich die Menschen heuten in würdiger Weise dazu entschließen, ein Michael-Fest in den Ende-September-Tagen einzusetzen, so wäre dies eine Tat von größter Bedeutung! Denn in den jetzigen verworrenen Verhältnissen Dazu müssten die Menschen den Mut aufbringen zu einem Fest, das die Erde an den Himmel, die physischen wieder an die geistigen Verhältnisse bindet. Dann könnte unter den Menschen wirklich etwas geschehen, was ein mächtiger Impuls wäre zur Weiterführung unserer Zivilisation und unseres ganzen Lebens.“ (Rudolf Steiner)

Allerdings muss der Mensch aus der Passivität seines Verhältnisses zum Geistigen heraustreten und in ein aktives Tun kommen. Die Michael Kräfte lassen sich nicht durch irgendein passives Gebet erringen. Diese Kräfte lassen sich einzig und allein dadurch erringen, dass der Mensch sich mit seinem liebevollen Willen zum Werkzeug für die geistig-göttlichen Kräfte macht. Michael will nicht, dass der Mensch zu ihm fleht. Er will, dass er sich mit ihm verbündet. Jetzt im Herbst, wenn die Natur stirbt, muss die innere Menschenkraft zum Erwachen des Selbstbewusstseins werden und die Seele erlebt Geistes Licht. Dann kann jeder einzelne von uns den Kampf mit dem Drachen aufnehmen. Dieser hat alle möglichen Gestalten: jene Fratzen, die von menschlichen Emotionen kommen oder das ertötende Gesicht des Materialismus in heutiger Zeit. In Wahrheit leben heißt daher, sich mit dem Michael verbinden.

„Sieghafter Geist
Durchflamme die Ohnmacht
Zaghafter Seelen.
Verbrenne die Ichsucht
Entzünde das Mitleid,
Dass Selbstlosigkeit
Der Lebensstrom der Menschheit
Wallt als Quelle
Der geistigen Wiedergeburt“
(Rudolf Steiner)